Alleen – bedrohtes Kulturgut

Alljährlich erinnert der „Tag der Allee“ am 20. Oktober an die Gefährdung der letzten historischen Alleen an Deutschlands Landstraßen. Die Alleebäume sind oft überaltert, es fehlt an Geld für die Pflege. Neue Vorschriften in punkto Verkehrssicherheit erschweren die Nachpflanzung.

Auch innerhalb von Städten wurden früher häufiger Alleen gepflanzt, meist Ende des 19. oder Anfang des 20. Jhs. Heute ist dafür aufgrund dichter Bebauung meist kein Platz mehr.

Wo gibt es noch Alleen in Heidelberg?

Platanen-Allee, H’heim

Die vielleicht älteste Allee in Heidelberg. Die Platanenallee in der Steubenstraße wurde angelegt, als noch Postkutschen durch die Straßen rollten. Zugleich ist dies auch eine recht lange Allee – sie reicht bis zur Tiefburg.

Die Platanen in der Steubenstraße werden regelmäßig kräftig beschnitten, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Damit die Leitungen der Straßenbahn nicht beschädigt werden, strebt man mit dem Schnitt ein offenes Kronendach an.

Allerdings entstehen beim Zurückschneiden starker Äste großflächige Verletzungen – Einfallstore für Pilze und andere Schadorganismen. Modernere Baumpflege geht inzwischen behutsamer zu Werk, was gerade im Falle solch ortsbildprägender Bäume wünschenswert wäre.

Unverständlich, dass die zT. sehr alten Platanen nicht durch Schutzbügel vor ein- und ausparkenden Autos bewahrt werden. Hier müsste dringend nachgebessert werden.

Platanen-Allee, Berliner Straße, Neuenheim

Die Berliner Straße, Ecke Jahnstraße. Die Platanen-Doppelreihe reicht über das Mathematikon hinaus bis etwa bis zu den Gebäuden des DKFZ.

Die verkehrsumtoste Berliner Straße mit ihren vier Spuren ist tatsächlich als Allee angelegt. Das bemerkt man meist erst auf den zweiten Blick, weil der Verkehr alles dominiert. Die großen Platanen, die Schatten spenden, Feinstaub binden und den Lärm dämpfen, machen diesen Verkehrsraum um einiges erträglicher.

Allerdings heben die Wurzeln der alten Platanen an vielen Stellen den Radweg an und machen ihn zur Buckelpiste, was immer wieder für Ärger sorgt. Trotzdem ist die Berliner Straße ohne die mächtigen Bäume eigentlich nicht vorstellbar.

Kastanien-Allee, Weststadt

Wunderschöne kleine Allee in der Franz-Knauff-Straße, Weststadt.

Die Kastanienallee in der Franz-Knauff-Straße zeigt sich auf dem Foto (Mai 2023) in voller Blüte. Inzwischen wurden die Baumkronen erheblich eingekürzt, um wieder eine Lücke im Kronendach herzustellen und um kranke Äste zu entfernen.

Wie alle weißen Kastanienbäume leiden auch diese Alleebäume sehr unter der Schädigung ihrer Blätter durch die Miniermotte. Bereits Ende Juni/Anfang Juli werden die Blätter durch den Schädling vorzeitig braun und vertrocknen. Die betreffenden Bäume können kaum noch Fotosynthese betreiben. Mehr dazu…

Dieselbe Allee im Oktober 2024, kräftig geschnitten, das Kronendach ist offen.

Der Baum links im Vordergrund zeigt eine deutliche Stressreaktion: Er treibt frische Blätter aus – Mitte Oktober! Dieses Phänomen nennt man „Angsttriebe“. Auch andere Kastanien dieser Allee entwickeln ein paar frische Blätter. Mehr dazu…

Wegen der Schädigungen durch die Miniermotte würde eine Allee mit weißen Kastanien heute nicht mehr gepflanzt. Rote Kastanien hingegen sind nahezu immun gegen das Insekt.

Baumhasel-Allee, Weststadt

Es müssen nicht immer Platanen oder Kastanien sein: Auch mit weniger ausladenden Bäumen ist eine städtische Allee ein schöner Blickfang und Schattenspender. Baumhasel-Allee in der Schillerstraße, Weststadt.

Baumhaseln oder Türkische Haseln stammen ursprünglich aus dem Balkan, der Türkei oder Afghanistan. Diese Baumart gilt als „Klimabaum“. Das sind Baumarten, die gute Chancen haben, mit den Klimaveränderungen bei uns gut zurechtzukommen.

Allee mit einem Mix verschiedener Kastanien, Neckarufer

Vielleicht die am meisten frequentierte Allee – die Kastanienallee am Neuenheimer Neckarufer. Besonders ist der Mix aus weiß, blut- und hellrot blühenden Kastanienbäumen. Die weißen Blüten variieren noch in gefüllter bzw. ungefüllter Sorte.

Am Rand der Allee können Passanten auf begrenztem Raum flanieren, der meiste Platz unter den Bäumen ist aber den parkenden Autos vorbehalten.

Linden-Allee, Bahnstadt

Die Grüne Meile im Frühjahr 2023. Die jungen Linden sind gut angegangen.

Tatsächlich, man glaubt es kaum, wurde vor wenigen Jahren eine neue Allee angelegt: die Grüne Meile in der Bahnstadt. Eine gute Nachricht, auch wenn Heidelbergs jüngste Allee als solche nicht gleich auf den ersten Blick erkennbar ist. Die noch jungen Linden wurden in versetzter Reihe und mit großem Abstand gepflanzt, um mehr Parkfläche zu ermöglichen.

Fazit:

Für Alleebäume in der Stadt gilt dasselbe wie für alle Straßenbäume: Ihre Lebensbedingungen sind sehr schwierig. Zu wenig Raum für die Wurzeln, unnatürlicher Boden, zu wenig Wasser und Nährstoffe, Belastung durch den Klimawandel, Streusalz im Winter. Hinzukommen regelmäßige, oft gravierende Schnittmaßnahmen sowie Verletzungen durch Bauarbeiten und Rangierschäden.

Von Heidelbergs Alleen lädt keine zum unbeschwerten Flanieren ein. Es sind vielmehr Straßen, in denen der Verkehr dominiert. Sehr schade! Im Alltag finden die städtischen Alleen daher als solche kaum Beachtung. Am ehesten vielleicht noch im Sommer durch das Angebot an willkommenen Schattenparkplätzen.

Eine positive Ausnahme allerdings gibt es doch, nämlich eine kleine autofreie Allee am Campus INF.

Allee mit Japanischen Kirschen, Neuenheimer Feld

Traumhaft schön im April: Blühende Japanische Kirschen im Neuenheimer Feld (Nähe Kopfklinik).

Und noch ein Tipp zum Schluss:

Wer jetzt Lust bekommen hat, einmal richtige alte Alleen mit mächtigen Bäumen zu erleben, dem sei die „Deutsche Alleenstraße“ empfohlen. Von Rügen aus führt sie durch 10 Bundesländer; dabei durchquert einige der schönsten Ferienregionen, ua. den Pfälzer Wald, den Schwarzwald, die Schwäbische Alb und das Gebiet um den Bodensee.


Zum Nach- und Weiterlesen:

Zur Problematik des Alleen-Sterbens: Spiegel online vom 14.10.2024 „Die deutsche Allee ist in Gefahr“.