Am Leinpfad, zwischen Theodor-Heuss- und Alter Brücke fallen großflächige Nagespuren von Bibern ins Auge. Betroffen sind (neben Weiden) vor allem die Korkulmen.
Ganz offensichtlich haben es die Biber auf die äußere Korkhülle der Korkulmen abgesehen. Intakt bleibt die Rinde der betroffenen Bäume in Bodennähe nur in dem zum Fluss hin ausgerichteten Teil. Vom Wasser aus ist es den Bibern nicht möglich, die Rinde abzuschälen, weil sie dort keinen Halt finden.
Dagegen zeigen die Schwarzerlen am selben Standort keinerlei Fraßspuren. Erlenrinde ist bei Bibern unbeliebt, da sie sehr schwer verdaulich ist.
Die Korkulme als Spielart der Feldulme
Die Korkulme ist eine besondere Ausprägung der Feldulme (Ulmus minor). Von Haus aus neigt die Feldulme dazu, Korkleisten auszubilden. Geschieht dies aber in einem besonders üppigen Ausmaß, spricht man von Korkulme (Ulmus minor var. suberosa). Sie ist in weiten Teilen Europas verbreitet.
Welchen Zweck die Korkleisten erfüllen, hat die Wissenschaft noch nicht geklärt. Eine Theorie geht davon aus, dass die leichten, aber stabilen Korkleisten jungen Trieben mehr Festigkeit verleihen soll, gerade an sehr windigen Standorten.
Schadet der Biber den Korkulmen?
Auf alle Fälle bedeutet das Abschälen der Rinde eine Beeinträchtigung für den Baum. Aber es scheint so zu sein, dass das Abnagen des Rindenkorks den Bäumen nicht so schadet, dass sie (unmittelbar) eingehen. Jedenfalls sind alle betroffenen Bäume vital und sie blühen zur Zeit, einige sogar ausgesprochen üppig.
Ich vermute mit einiger Wahrscheinlichkeit, dass die Bäume die Rindenschäden mit der Zeit kompensieren – ähnlich wie die Korkeichen nach der Korkernte das entfernte Material nach und nach nachbilden. Bei den Korkeichen leuchten die frisch abgeernteten Stämme zunächst rotbraun, verfärben sich aber mit Einsetzen der Regeneration nach und nach schmutziggrau. Genauso eine Graufärbung habe ich bei zwei der abgenagten Stämmen auch beobachtet.
Fazit: Im Augenblick hat es den Anschein, dass die Korkulmen den Verlust von Teilen ihrer Rinde verkraften. Insofern scheint es vertretbar, dass die Stämme nicht durch sog. Drahthosen geschützt wurden. Die kommende Vegetationsperiode bedeutet für die Bäume nun auch für etliche Monate weitgehend Ruhe vor den Nagern: Rinde fressen sie vor allem im Winter – im Frühling und Sommer steht ganz überwiegend Grünfutter auf ihrem Speiseplan.
Zum Nach- und Weiterlesen:
Gelehrte streiten noch darüber, ob die Korkulme eine eigenständige Unterart der Feldulme ist oder nur eine Variante. Mehr dazu in dem großartigen digitalen Nachschlagewerk „Handbuch der Ulmengewächse“.
Anna Bolten: Artikel „Woher kommt der Kork?“ vom 20.8.2021 im Online-Wissensmagazin Scinexx.
Dietrich Böhlmann: „Die Bildung von Korkleisten bei Gehölzen“, in: Gehölzbiologie, 2. korr. Aufl. Wiebelsheim 2013, S. 51f.