Stadtbäume besser schützen

Stadtbäume sind neben Grünflächen das beste Mittel gegen die Überhitzung der Innenstädte. Dank der enormen Verdunstungsleistung der Blätter fühlt man sich unter Bäumen selbst bei großer Hitze sofort erfrischt. Baumschatten hat eine ganz andere Qualität als Gebäudeschatten!

Leider gehen in Heidelberg inzwischen pro Jahr rund 400 Bäume verloren – durch Alter, Klimawandel, Schädlinge. Noch vor wenigen Jahren lag der Verlust bei rd. 100 Bäumen pro Jahr. Nachpflanzen ist aufwendig und teuer – und gelingt angesichts der Wetterextreme in vielen Fällen nicht.

Vorhandene Bäume schützen und pflegen

Jeder Baum, der sich an seinem Standort in der Stadt etabliert hat und gedeiht, ist ein großer Schatz – und bei Verlust eben nicht leicht zu ersetzen. Doch im Umgang mit den Stadtbäumen müsste sich vieles noch verbessern. Viele Beschädigungen von Wurzeln und Rinde wären vermeidbar. Auch angesichts der langen Trocken- und Hitzeperioden müsste man den Bäumen bessere Bedingungen bieten, um ihr Überleben zu erleichtern.

Wie können die (Über-)Lebensbedingungen für Bäume verbessert werden?

Stammschutzbügel anbringen

Die dünne Rinde des Kirschbaums wird durch das Anlehnen von Fahrrädern beschädigt; Bergheim, Kirchstraße.
Die Baumscheibe ist nicht geschützt und wird ständig betreten – das ist schlecht für die empfindlichen stammnahen Wurzeln; Bergheim, Bergheimer Straße.
Auch hier: Eine nicht von Bügeln geschützte Baumscheibe wird zweckentfremdet; Bergheim, Römerstraße.
Kein Stammschutz – die alte Platane wurde durch rangierende Autos beschädigt; H’heim, Steubenstraße.

Jede Verletzung der Rinde ist eine potenzielle Eintrittspforte für Schadorganismen (Pilze, Viren, Bakterien).

Baumschäden bei Bauarbeiten vermeiden

Von der Stadt Heidelberg gibt es ein Merkblatt mit Richtlinien zum Baumschutz auf Baustellen. Leider sind es nur Richtlinien – und es mangelt sehr häufig an deren Umsetzung. Die Gründe: Bequemlichkeit, Geld- und Zeitersparnis, fehlende Kontrollen und Sanktionen. Mehr zum fehlenden Baumschutz auf Baustellen…

Bagger gegen Baum; das Gewicht des Baggers ist Gift für den Wurzelbereich; Wieblingen, An der Neckarspitze.
Rindenschäden durch die Baggerschaufel; Wieblingen, An der Neckarspitze.
Baustelle Hans-Thoma-Platz: Kein Stammschutz; die Rinde wurde aufgerissen (Foto: Mitte August 2022).
Hier sieht man die aufgeschlitzte Rinde noch deutlicher.
Baustelle Hans-Thoma-Platz: Betonlast auf dem empfindlichen Wurzelbereich, kein Stammschutz (Foto: Mitte August 2022).

Das Landschaftsamt wurde von uns über diesen rücksichtslosen Umgang mit den Stadtbäumen aufmerksam gemacht. Dort reagierte man sofort und sorgte dafür, dass die Baufirma die Stämme umgehend mit Holz verkleidete.

Größere/angemessene Baumscheiben anlegen

Unter „Baumscheiben“ versteht man den Bereich rund um den Stamm. Am besten für die Wurzeln hinsichtlich Wasser- und Luftzufuhr ist eigentlich offener Boden. Im städtischen Umfeld ist dies oft nicht realisierbar, da Fußgänger, Radfahrer, parkende Autos usw. auch den Wurzelraum eines Baums betreten/befahren (müssen). Daher versucht man meist einen Kompromiss in Gestalt von Metallgittern, Abdeckplatten mit Löchern u.Ä., um die Wurzeln vor Druck zu schützen und das Betreten/Befahren Nutzung des Wurzelraums zu ermöglichen.

Bei den alten Platanen in der Kurfürstenallee reichen Asphalt und Pflasterung bis an den Stamm heran. Hier könnte man wenigstens parallel zum Radweg auf einen Teil der Pflasterung verzichten und dafür einen Grünstreifen anlegen. Vorteil: mehr Luft und Regenwasser für die Wurzeln.
Asphaltierte Baumscheibe in der Unteren Neckarstraße, Altstadt, Nähe Alte Brücke; Foto: P. Trietsch.
Die Asphaltierung reicht bis unmittelbar an den Stamm heran und behindert sein Wachstum. Zudem fehlt jeglicher Stammschutz; Untere Neckarstraße, Foto: P. Trietsch.
Neugestalteter Boulevard in der Rheinstraße, Südstadt: Durch die hier geplante Außengastronomie haben die Bäume trotz Neuanlage des Bereichs keine Wurzelscheibe; Foto: F. Rinn.
Vorfahrt für Cafés, die Bedürfnisse der alten Bäume sind nachrangig; Foto: F. Rinn.

Im Zuge der Neubaumaßnahmen wurde in der Rheinstraße (östlicher Teil) der Gehweg verbreitert und neu gestaltet. Der Unterboden wurde aufwendig aufbereitet, sodass eine möglichst große tragfähige Fläche für Außengastronomie entstand – angedacht sind 360 Plätze. Aus Gewinnstreben hat man den Bestandsbäumen keine angemessenen Baumscheiben zugestanden, denn diese Flächen wären ja für die vorgesehene Bestuhlung weggefallen.

Für die Wurzeln der alten Bäume ist dieser (mit Kies bedeckte) Unterboden auf die Dauer verhängnisvoll, da sich die jetzt noch bestehenden feinen Poren durch Feinstaubpartikel mit der Zeit zusetzen. Wurzeln aber brauchen möglichst offenporige Oberflächen, um atmen zu können. Ein Beet aus Rindenmulch dagegen, wie bei den Bäumen im westlichen Teil der Rheinstraße, ist wesentlich wurzelfreundlicher.

Nachpflanzen ist aufwendig und teuer

Jungbäume brauchen mittlerweile durch die Klimaerwärmung eine intensive Betreuung. Statt wie früher nur drei Jahre müssen Jungbäume nun über 5 Jahre lang in der warmen Jahreszeit gegossen werden – und zwar 3x pro Woche! Bei jedem Gießgang erhält jeder junge Baum 200 l. Trotz der Bemühungen der Stadtgärtnerei gelingt es bei Weitem nicht, jedes junge Bäumchen durchzubringen.

Die hohen Verluste an Stadtbäumen können derzeit nicht ausgeglichen werden, die Zahl der Stadtbäume ist stark rückläufig.

Die Stadtgärtnerei schafft es mit den vorhandenen Kapazitäten nur, etwa 100 Bäume pro Jahr neu zu pflanzen. Denn es genügt nicht, einfach nur ein Loch zu graben und einen neuen Baum einzusetzen. Der städtische Boden ist von Leitungen durchzogen und häufig müssen für die Arbeiten die betreffenden Straßenabschnitte gesperrt werden. Eine Baumpflanzung schlägt daher leicht mit ein paar tausend Euro zu Buche.

Ein wichtiger Schritt wäre es, die Schlagkraft des Landschaftsamts bzw. der Stadtgärtnerei zu erhöhen: durch Erweiterung der Teams und durch Anhebung des Budgets. Gießpatenschaften könnten in den Trockenperioden dazu beitragen, dass mehr Bäume überleben.

Und schließlich: Radfahrer und Radfahrerinnen können dazu beitragen, Rindenverletzungen zu vermeiden, indem sie ihre Räder nicht mehr an Bäume mit dünner Rinde lehnen.


Zum Nach- und Weiterlesen:

Sarah Hinney: „Wir verlieren etwa 400 Bäume pro Jahr“, in: RNZ vom 22.06.2022.

In Sachen Baumschutz auf Baustellen wäre heutzutage prinzipiell vieles möglich. Einen Überblick über das Arsenal der zur Verfügung stehenden Methoden liefert das „Jahrbuch der Baumpflege 2021“ – der gesamte Band ist ausschließlich diesem Thema gewidmet.