Tropenzauber aus dem Baumarkt

Der Anblick von Palmen verbreitet sofort Sommerfeeling und Urlaubsstimmung. Kein Wunder, dass auch bei uns Palmen in immer mehr Gärten und Anlagen für tropisches Flair sorgen. Möglich macht das die Chinesische Hanfpalme. Sie ist als einzige Palmenart frostbeständig und kommt mit dem Heidelberger Klima bestens zurecht.

Chinesische Hanfpalmen an der Alten Brücke Heidelberg Der Dateiname ist hanfpalmen-alte-bruecke-zk-1024x704.jpg
Ein Hauch von Süden: Mediterrane Bepflanzung an der Alten Brücke mit Wolfsmilch, Salbei und Palmen.
Neckarort Heidelberg an der Ernst-Walz-BrückeNeckarstrand, Urlaubsfeeling, Chinesische Hanfpalmen
Französische Riviera? Nein, Neckarstrand an der Ernst-Walz-Brücke, Neuenheim.

Inzwischen ist die Chinesische Hanfpalme (Trachycarpus fortunei) in Heidelberg so beliebt, dass sie palettenweise in Baumärkten verkauft wird.

Im Dutzend billiger: Palette mit Chinesischen Hanfpalmen zum Verkauf im Baumarkt
Ihren Namen verdankt die Hanfpalme den Fasern, die von ihrem Stamm herabhängen. Sie ähneln den Fasern der (biologisch nicht verwandten) Hanfpflanze, aus denen zahlreiche Produkte hergestellt werden. (Foto: Baumarkt, Eppelheimer Straße).

Die Hanfpalme – eine Gewinnerin des Klimawandels

Die Ursprungsheimat der Hanfpalme liegt in Asien. Der Naturforscher Philipp Franz von Siebold brachte 1830 die ersten Palmensamen nach Europa, wo die Pflanze zunächst in Wintergärten und Gewächshäusern kultiviert wurde. Mittlerweile hat sich das Klima aber so verändert, dass die Hanfpalme nun in vielen Gebieten Europas problemlos im Freien gedeiht.

Bei uns in Heidelberg fühlt sich die Chinesische Hanfpalme so heimisch, dass sie keimfähige Früchte ausbildet und sich in dem ein oder anderen Garten schon von selbst fortpflanzt. Über kurz oder lang ist zu erwarten, dass sich die Hanfpalme in der Stadt selbst verbreitet und sogar den Sprung aus den Gärten in den Wald schafft.

Chinesische Hanfpalme, schneebedeckt, in der Uferstraße in Heidelberg
Die Hanfpalme ist robust und sehr anpassungsfähig. Frost bis –10 °C übersteht sie problemlos. Auch mit großen Regenmengen kommt sie gut zurecht. Lediglich große Schneelasten können ihr schaden, dann nämlich, wenn ihre Wedel durch das Gewicht abbrechen. (Foto: Uferstraße, Neuenheim).

Invasive Tendenzen

Im Mittelmeerraum ist die Hanfpalme längst überall anzutreffen, darüber hinaus in milden Gebieten der Schweiz und Österreichs. In der Schweiz wird die Hanfpalme landläufig als „Tessinerpalme“ bezeichnet. Denn im Tessin hat sie sich schon seit etlichen Jahrzehnten in Wäldern und an Waldrändern angesiedelt und bildet dort zT. größere Bestände. Daher gilt sie in der Schweiz als invasiver Neophyt. Die Verbreitung erfolgt über Vögel, die die Samen fressen.

Blühende Chinesische Hanfpalme am Werderplatz in Heidelberg
Hanfpalme in Blüte am Werderplatz, Neuenheim. Die männlichen Blütenstände sind leuchtend gelb (wie hier im Bild), die weiblichen hellgrün.

Trotz der Probleme darf die Pflanze in der Schweiz noch verkauft werden, allerdings nur noch wenige Monate. Ab September 2024 sind Verkauf und Überwinterung dieser Palmen in Gewächshäusern dort verboten.

Bisher versuchte man in der Schweiz, der spontanen Verbreitung der Palmen durch bestimmte Maßnahmen vorzubeugen. Die Besitzer Chinesischer Hanfpalmen sind nämlich dazu angehalten, durch rechtzeitiges Abschneiden der Blütenstände und professionelle Kompostierung abgeschnittener Pflanzenteile der Verbreitung Einhalt zu gebieten. Offenbar jedoch mit zu geringem Erfolg.

Das neue Überwinterungsverbot in Gewächshäusern ist allerdings sehr umstritten – es könnte dazu führen, dass Kübelpflanzen im Herbst in großer Zahl in die Gärten ausgepflanzt werden. Damit wäre das Verbot kontraproduktiv.

Hanfpalmen in einem Garten in der Weststadt in Heidelberg
Hanfpalmen in einem Garten in der Weststadt.

Gut möglich, dass man in Heidelberg in einigen Jahren auch über geeignete Maßnahmen zur Eindämmung der unerwünschten Verbreitung diskutieren muss.

In Frankfurt am Main haben sich jedenfalls nachweislich bereits etliche Exemplare von Hanfpalmen ohne Mitwirkung von Menschen im Stadtgebiet ausgebreitet.

3 Hanfpalmen in der Weststadt, Heidelberg
Drei Hanfpalmen am Ärztehaus in der Weststadt.

Worin besteht der Schaden, wenn sich die Hanfpalmen verbreiten?

Der Schaden unkontrollierter Ausbreitung im Wald und an Waldrändern besteht darin, dass die Hanfpalmen als Tiefwurzler den Boden nicht so gut festhalten wie einheimische Bäume. In Hanglagen kommt es so eher zu Erdrutschen. Mit ihren breiten Wedeln verschatten die Palmen große Areale am Boden und verhindern so das Aufwachsen einheimischer Arten. Vögeln bieten die Palmen keinen Platz zum Nisten. Zudem ist ihr Holz wertlos.

Chinesische Hanfpalmen vor einer Villa in Heidelberg, in der Ziegelhäuser Landstraße
Licht und Schatten: Die unkontrollierte Ausbreitung der hübschen Palmen in der Natur bedeutet Gefahr für die einheimische Flora.

Zum Nach- und Weiterlesen:

Frankfurter Rundschau online: „Chinesische Hanfpalmen, Fachwerkhäuser und Flippermuseum: Tipps für ungewöhnliche Ausflüge in Hessen und Umgebung“ vom 10.6.2024.

Wikipedia: „Chinesische Hanfpalme“ (Stand 25.5.2024); Zugriff: 13.6.2024.

Schaffner, Natalie: „Fragwürdiges Palmenverbot fördert unkontrollierte Ausbreitung“, baseljetzt.ch vom 22.04.2024.

Hardegger, Elke: „Chinesische Hanfpalme breitet sich aus„, br.de vom 10.07.2020 (mit Video).

A. Mitchell, J. Wilkinson: Pareys Buch der Bäume, 3. Aufl. 1997, S.255.