Derzeit sind die Triebe junger Götterbäume, die an kleine Palmen erinnern, im Stadtbild wirklich überall zu entdecken. Eine Ritze im Boden, eine Handvoll Erde reichen der ebenso genügsamen wie vermehrungsfreudigen Baumart vollkommen aus. Während im Extremsommer 2022 viele andere Pflanzen in der Stadt ums Überleben kämpfen mussten, kam der Götterbaum problemlos zurecht.
Durch seine enorme Robustheit kann der Götterbaum Lebensräume besiedeln, die für kaum eine andere Pflanze infrage kämen.
Wie schafft es der Götterbaum, selbst an extremen Standorten zu überleben?
Ursprünglich stammt der Götterbaum aus sehr trockenen Gegenden in seiner Heimat China; er ist also an Dürreperioden angepasst. Sein entscheidender Überlebenstrick: das sehr schnelle Austreiben einer tief in den Boden reichenden Pfahlwurzel.
Selbst wenn das junge Bäumchen erst einige wenige Blätter aufweist, ist die Pfahlwurzel schon tief ins Erdreich vorgedrungen. Dadurch sichert sich das Pflänzchen von Anfang an den Zugang zu Wasser und Nährstoffen. Kein Wunder, dass der Götterbaum rasant wächst – bis zu 4 Meter pro Jahr. Damit lässt er pflanzliche Konkurrenten leicht hinter sich.
Ein Götterbaum kommt selten allein
Ist der Jungbaum an seinem Standort etabliert, bildet er zusätzlich zur Pfahlwurzel ein Herzwurzelsystem aus sowie ein reich verzweigtes, strahlenförmiges Wurzelgeflecht nahe der Oberfläche. Letzteres erzeugt in extremem Maß sog. „Wurzelbrut“. D.h., es sprießen plötzlich überall Jungbäumchen rings um den „Mutterbaum“ aus dem Boden – in einem Umkreis von bis zu 25 m!
Hinzukommt die Vermehrung durch Samen. Die (überaus zahlreichen) Früchte sind Flügelnüsse und werden dank ihres „Propellers“ vom Wind transportiert.
Argumente Pro Götterbaum
- Anspruchslos, kommt bestens mit den schwierigen Bedingungen in der Stadt zurecht:
- Er verträgt Trockenheit, Hitze, Bodenverdichtung, Streusalz, Hundeurin, Abgase – also alles, was unseren sonstigen Stadtbäumen zu schaffen macht.
- Bildet große Kronen aus und spendet daher viel Schatten.
- Sehr gute Feinstaubbindung.
- Nektarquelle für Bienen.
- Attraktives Erscheinungsbild, auch im Winter.
Kurz: der ideale Stadtbaum … eigentlich.
Argumente Contra Götterbaum
- Verbreitet sich rasant, verdrängt dadurch zT. sensiblere einheimische Pflanzen. Das wird dann zum Problem, wenn es sich um seltene, geschützte Arten handelt, die zB. auf Magerwiesen oder Trockenrasen gedeihen.
- Äußerst robust: Hat er erst einmal Fuß gefasst, kann man ihn kaum wieder von seinem Standort entfernen. Kappt man ihn, treibt er wieder aus.
- Wehrhaft: Bekämpft konkurrierende Pflanzen durch Absonderung von Giftstoffen aus Blättern und Wurzeln.
- Früchte und Rinde sind giftig; der Saft der Blätter kann Hautreizungen und Allergien auslösen – daher im Umgang immer Handschuhe tragen!
- Keine Feinde: Bisher keine Futterpflanze für heimische Raupen oder Insekten.
- Unangenehmer Geruch der Blüten; Pollen potenziell allergen.
- Bislang ist seine Verbreitung auf die Stadt beschränkt, da es im städtischen Umfeld einige Grade wärmer ist als außerhalb. Aber: Es zeichnet sich ab, dass die Art dank Klimawandel dabei ist, sich auch über die Städte hinaus auszubreiten, zB. entlang von Autobahnen.
Der Götterbaum steht seit 2019 auf der EU-Liste der invasiven Arten. Damit darf diese Art nicht mehr im Handel verkauft werden.
In Berlin, wo es nachweislich mehrere Tausend Götterbäume gibt, hat man sich inzwischen zu einem unaufgeregten Umgang mit der invasiven Baumart durchgerungen (= der sog. „Berliner Weg“). Zugrunde liegt die Erkenntnis, dass man die spöttisch als „Ghettopalme“ betitelte Baumart nicht mehr loswird.
Daher konzentriert man sich va. auf Schadensbegrenzung: In Schutzgebieten werden Jungpflanzen möglichst konsequent entfernt, ggf. fällt man problematische „Mutterbäume“ in der Nähe. In der City beseitigt das Gartenamt an Jungbäumen, was geht. Ansonsten arrangieren sich die Hauptstädter mit ihren Götterbäumen.
Auch in Heidelberg ist der Götterbaum längst etabliert. Ähnlich wie in Berlin geht es auch bei uns darum, einen „Heidelberger Weg“ im Umgang mit dem attraktiven Problembaum zu finden.
Mehr zu exotischen Bäumen in Heidelberg finden Sie hier.
Mehr zu invasiven Pflanzen in Heidelberg finden Sie hier.
Zum Nach- und Weiterlesen:
Instagram-Account des Nabu Berlin über den „Berliner Weg“ vom 7.9.2022.
Alexandra Rigos: „Götterbaum oder Teufelszeug? Ailanthus altissima – vom beliebten Parkbaum zur Indexpflanze“, in: Natur in Berlin, 02/2021.
Andreas Roloff „Ailanthus altissima: Drüsiger Götterbaum“, in: Bäume in der Stadt, Stuttgart 2013, S. 57–61. Als der Artikel geschrieben wurde, war der Götterbaum noch nicht auf der „Schwarzen Liste“ der EU für invasive Pflanzen.
Wikipedia „Götterbaum“ (24.08.2022), Zugriff: 18.11.2022.