Der Blauregen mit seinen prächtigen blau-lila Blütenkaskaden, der Wilde Wein mit herbstlich leuchtend roten Blättern, die Clematis mit ihren silbrig schimmernden Fruchtständen im Winter: Viele Kletterpflanzen sind attraktive Gewächse, die sich im Jahresverlauf immer wieder neu präsentieren.
Doch Optik ist nicht alles: Die Begrünung von Fassaden mit den genügsamen Kletterern bietet gerade in der Innenstadt eine unaufwendige und kostengünstige Möglichkeit, viel Grün ins Betongrau zu bringen.
Eine begrünte Fassade hat viele Vorteile:
- Kletterpflanzen beschatten und kühlen ihre Umgebung durch Verdunstung – wichtig gerade in unseren heißen Innenstädten.
- Sie binden Staub und dämpfen den Lärm.
- Sie schützen die Fassade vor Umwelteinflüssen, mildern Hitze und Kälte.
- Sie bieten vielen Tieren Nahrung und Lebensraum; die Biodiversität wird gestärkt.
- Unschöne Mauern verschwinden hinter der Begrünung.
- Sie schaffen einen vertikalen Grünraum in der Stadt, auch an Stellen, wo kein Platz für öffentliche Grünflächen ist.
Klimmer, Ranker oder Schlinger? Nicht jede Kletterpflanze passt überall.
Autonom: Die Selbstklimmer
Efeu (Hedera) und Wilder Wein (Parthenocissus) gehören zu den Selbstklimmern. Das heißt, sie benötigen keine Aufstiegshilfen. Das ist einerseits praktisch, denn sie bringen alles, was zum Klettern nötig ist, selbst mit. Nachteilig ist aber auf der anderen Seite, dass sie sich mit Haftwurzeln (Efeu) oder Füßchen (Wilder Wein) fest mit der Fassade verbinden. Entfernt man die Pflanzen, bleiben Rückstände an der Wand. Da die Haftwurzeln auch in Ritzen hineinwachsen können, eignen sich Selbstklimmer nur für glatte Wände.
Wärmegedämmte Fassaden sind für Selbstklimmer absolut ungeeignet; hier reicht die Statik nicht aus, die Putzoberfläche kann reißen.
Anhänglich: Die Ranker
Rankpflanzen halten sich mit korkenzieherartig gewundenen Ranken an der Kletterhilfe fest. Als Unterstützung zum Klettern an der Wand kommen Seile oder Netze infrage. Beispiele: Passionsblume (Passiflora), Waldrebe (Clematis).
Gewunden: Die Schlinger
Das Immergrüne Geißblatt (Lonicera Henryi) wächst schlingend, d.h. es windet sich um ein Gitter oder Ähnliches, ohne mit der Aufstiegshilfe eine feste Verbindung einzugehen. Als Unterstützung zum Klettern eignen sich Seile oder Gitternetze. Die Pflanze ist schnellwüchsig und zeigt attraktive gelb-rote trompetenförmige Blüten. Anders als z.B. der Wilde Wein, der mit seinen Trieben auch Lücken zwischen Häusern überwinden kann, wächst das Immergrüne Geißblatt genau entlang der Seile oder Netze, versucht also nicht, neue Gebiete außerhalb zu erobern.
Kaum zu bändigen: Starkschlinger Blauregen
Der Blauregen (Wisteria) ist starkwüchsig und seine Triebe verholzen mit der Zeit kräftig; so kann es sein, dass ihm nach und nach sogar fest verankerte Rankhilfen buchstäblich nicht mehr gewachsen sind. Keinesfalls sollte man den Blauregen an Dach- und Regenrinnen etc. entlangwachsen lassen, denn hier kommt es unweigerlich zu Schäden. Der Blauregen ist in allen Teilen stark giftig.
Bodengebundene oder containergebundene Fassadenbegrünung?
Am unaufwendigsten und häufigsten ist die bodengebundene Fassadenbegrünung. D.h. die Rank- oder Kletterpflanze wächst vom Boden aus die Fassade hinauf. Dafür genügt schon ein recht kleines Stück offener Boden.
Bei Kletterpflanzen muss man nicht befürchten, dass etwa die Pflasterung durch die Wurzeln angehoben wird. Denn anders als bei Bäumen, bei denen die Wurzeln auch der Verankerung und Stütze dienen und die daher entsprechend kräftig sind, müssen die Wurzeln von Kletterern nur Wasser und Nährstoffe transportieren. Daher verdicken sich ihre Wurzeln nicht.
Der Blauregen benötigt keine zusätzliche Düngung: Er holt sich den Stickstoff aus der Luft.
Eine andere Möglichkeit der Fassadenbegrünung erfolgt von oben herab, also hängend, z.B. vom Dach eines Gebäudes. Hier muss man mit Containern arbeiten, die dann aber regelmäßig gegossen werden müssen.
Als Bepflanzung eignet sich z.B. der gelb blühende Winterjasmin (Jasminum nudiflorum).
Winterjasmin am Zoo-Parkhaus, Eingangsbereich.
Stylish, aber aufwendig und teuer ist die integrierte (wandgebundene) Begrünung.
Derzeit entsteht mit dieser Technik ein spektakuläres Objekt des DKFZ im Neuenheimer Feld – jedenfalls dem Schaubild nach zu urteilen.
Wandgebundene Begrünung im schicken Karlsberg Carré in Weinheim – so etwas geht auch an einer Außenfassade.
Jede Pflanze steckt in einem eigenen Pflanzgefäß. Die Behälter werden automatisch mit Wasser und Nährstoffen versorgt.
Fassadenbegrünung ist eine einfache und effektive Maßnahme, um Hitzeinseln im innerstädtischen Raum zu mildern. Soll eine Begrünung nachträglich am Haus durchgeführt werden, zieht man am besten einen Fachmann zu Rate, um Schäden zu vermeiden.
Quellen/weitere Infos:
Info-Radtour zum Thema Fassadenbegrünung am 20.02.2022 unter der Leitung von Frank Wetzel, Biobaumgärtner.
Viele Anregungen und Tipps hält folgende Website des Nabu bereit: https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/grundlagen/dach-wand/28549.html
Ein Leuchtturmprojekt in Sachen Fassadenbegrünung de luxe bietet die Calwer Passage in Stuttgart.